Liebe Betriebsrätin,lieber Betriebsrat,
Aufhebungsverträge sind ein Thema, das immer wieder zu Streitigkeiten führt. Meist sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Benachteiligten. Es geht aber auch andersherum:
Ein Arbeitgeber schloss mit einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag. Mit einer „Gesamterledigungsklausel“. Das heißt: Arbeitsverhältnis zu Ende, alle gegenseitigen Ansprüche erledigt. Der Arbeitgeber wusste, dass der Arbeitnehmer ihn zuvor geschädigt hatte. Der Schadenersatz stand noch im Raum. Der Arbeitgeber dachte, der Schadenersatzanspruch ist von dieser „Gesamterledigungsklausel“ nicht erfasst. Pech gehabt. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er von der ganzen Betrugssache nichts gewusst hätte. So das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 18.8.2020, Az: 15 Sa 48/19.
Übrigens: Bereits erworbene Versorgungsansprüche gehen nicht mit einer solchen Klausel unter. Zukünftige Betriebsrentnerinnen und -rentner brauchen sich da also keine Sorgen zu machen (BAG, Entscheidung vom 20.4.2010, Az.:3 AZR 225/08).
Und damit zum Tipp der Woche!
5 tödliche Betriebsratsfehler, die Sie besser vermeiden
Ja, es gibt sie wirklich. Die immer wieder vorkommenden Betriebsratsfehler, die für viel Ärger sorgen – aber absolut vermeidbar sind. Doch getreu dem Motto: „Eine Gefahr, die man kennt, ist keine mehr“, hier die Top 5, damit Ihnen diese Fehler niemals passieren.
Platz 5: Zu früh den Anwalt eingeschaltet
Können Sie eine Ihrer Aufgaben nicht allein lösen, haben Sie die Möglichkeit, einen Sachverständigen einzuschalten (§ 40 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)). Bei juristischen Problemen greifen Betriebsräte deshalb häufig auf einen Rechtsanwalt zurück. Das ist grundsätzlich kein Problem. Aber:
- Sie sind verpflichtet, nach einer internen Lösung zu suchen, bevor Sie einen externen Sachverständigen um Rat bitten. Das bedeutet: Versuchen Sie zunächst immer, die Angelegenheiten in Ihrem Betrieb zu klären.
- Sind Sie mit einem juristischen Problem beschäftigt, und ist bei Ihrem Arbeitgeber kein Jurist tätig, können Sie nach Beschlussfassung im Gremium einen externen Rechtsanwalt einschalten. Dessen Kosten müsste Ihr Arbeitgeber dann nach Vorlage des entsprechenden Beschlusses auch übernehmen.
- Arbeitet in Ihrem Unternehmen allerdings ein Jurist, sind Sie verpflichtet, diesen zunächst um Rat zu fragen. Und zwar auch dann, wenn er tendenziell aufseiten Ihres Arbeitgebers agiert. Denn wenden Sie sich an ihn, ist er gehalten, sich Ihnen gegenüber loyal zu verhalten. Schalten Sie trotzdem einen externen Sachverständigen ein, riskieren Sie, die Kosten selbst tragen zu müssen.
Platz 4: Die zu teure Fortbildung
Als Betriebsrat haben Sie die Möglichkeit, Fortbildungen und Seminare auf Kosten Ihres Arbeitgebers zu besuchen (§ 37 in Verbindung mit § 40 BetrVG). Schließlich müssen Sie auf dem neuesten Stand sein, um Ihre Betriebsratsaufgaben gut erfüllen zu können.
Als Betriebsrat sollten Sie deshalb darauf achten, dass Sie formal korrekte Beschlüsse fassen. Außerdem sollten Sie bei der Auswahl der Fortbildungen gewisse Konditionen einhalten. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen (Grundlagenschulung bzw. müssen Sie die Inhalte der Schulung benötigen, um Ihre Aufgabe als Betriebsrat gut ausüben zu können) sollten Sie auf den Preis und damit auch auf den Ort der Schulung achten.
Mein Tipp
Wählen Sie ein möglichst preisgünstiges Seminar. Das heißt nicht, dass Sie sich stets für das günstigste Seminar entscheiden müssen, aber der Preis sollte den allgemeinen Durchschnittspreis nicht übersteigen. Um nicht unnötig hohe Fahrt- und unter Umständen auch Übernachtungskosten zu produzieren, sollten Sie außerdem darauf achten, dass Sie sich für einen Anbieter in gut erreichbarer Nähe entscheiden.
Platz 3: Geheimhaltungspflichten missachtet
Als Betriebsrat unterliegen Sie Geheimhaltungspflichten, § 79 BetrVG. Es ist Ihre Aufgabe, Sachverhalte, die nicht nach außen dringen sollen, für sich zu behalten bzw. je nach Anweisung Ihres Arbeitgebers nur im Gremium zu diskutieren.
Vor allem neue Kolleginnen und Kollegen werden zu Anfang nicht immer genau wissen, was geheimhaltungspflichtig ist und was nicht. Unterstützen Sie Ihre Kollegen und bitten Sie Ihren Arbeitgeber, in jedem Einzelfall ausdrücklich darauf hinzuweisen, welche Informationen streng vertraulich sind. Außerdem kann es durchaus sinnvoll sein, wenn Sie für Ihre neuen Kollegen eine Muster-Information bereitstellen. Eine solche könnte folgendermaßen aussehen:
„Als Mitglieder des Betriebsrats haben wir die gesetzlichen Geheimhaltungspflichten nach § 79 BetrVG zu achten. Sämtliche vom Arbeitgeber ausdrücklich als streng vertraulich erteilte Informationen sind geheim zu halten.“
Platz 2: Freistellung für andere Tätigkeiten beansprucht
Sind Sie als Betriebsrat nicht vollständig von Ihrer bisherigen Arbeit freigestellt, können Sie sich zeitweise freistellen lassen, wenn Sie Amtstätigkeiten erledigen wollen. Zu diesen Aufgaben gehören aber nicht alle Aufgaben, die Sie unter Umständen dazuzählen würden.
So muss Ihr Arbeitgeber Sie z. B. nicht für die Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen freistellen oder wenn Sie sich lediglich mit anderen Betriebsräten treffen wollen, um sich auszutauschen. Auch für den Besuch von Gerichtsverhandlungen, die nur der Informationsbeschaffung dienen, sind Sie nicht freizustellen. Gleiches gilt für die Vertretung einzelner Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht.
- Sollte ein Kollege oder eine Kollegin Interesse haben, eine dieser Aufgaben zu übernehmen, ist er oder sie entweder auf den Goodwill Ihres Arbeitgebers angewiesen oder er bzw. sie muss seine Freizeit dafür nutzen. Wer den Betrieb verlässt, ohne freigestellt zu sein, riskiert eine Abmahnung.
Platz 1: Ab- und Rückmeldepflichten missachtet
Als Betriebsrat müssen Sie sich – wenn Sie nicht dauerhaft von Ihrer Arbeit freigestellt sind – bei Ihrem Arbeitgeber abmelden, bevor Sie für das Gremium tätig werden. Nach Ende Ihrer Arbeit für den Betriebsrat müssen Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber wieder zurückmelden (BAG, 13.5.1997, Az: 1 ABR 2/97).
Ein Fehler, der immer wieder passiert: Ein Betriebsratsmitglied vergisst es, sich vor und nach einer Betriebsratstätigkeit ab- und zurückzumelden. Damit aber riskiert es eine Abmahnung.
Merke: Grundsätzlich hat sich auch ein Betriebsratsmitglied, das am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit verrichtet, beim Arbeitgeber abzumelden. Es muss ihm die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitteilen und sich nach dem Ende der Arbeitsunterbrechung zurückmelden (BAG, Beschluss vom 29.6.2011, Az: 7 ABR 135/09).
Aber: Sie müssen grundsätzlich keine Angaben zu Art und Inhalt der Betriebsratstätigkeit machen (BAG, Urteil vom 15.3.1995, Az: 7 AZR 643/94). Und:
Persönlich abmelden müssen Sie sich auch nicht. Auch andere Personen können die Abmeldung vornehmen, z. B. die oder der Betriebsratsvorsitzende (BAG, Beschluss vom 13.5.1997, Az: 1 ABR 2/97).
Achtung!
Auch freigestellte Betriebsratsmitglieder sind verpflichtet, sich vor Verlassen des Betriebes innerhalb der Arbeitszeiten abzumelden, sich nach ihrer Rückkehr beim Arbeitgeber zurückzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit anzugeben (BAG, Urteil vom 24.2.2016, Az: 7 ABR 20/14).
Mein Extra-Tipp für Sie:
Das Anhörungsverfahren zur Kündigung: Was Ihr Arbeitgeber je nach Kündigung mitteilen muss
Leider häufen sich die betriebsbedingten Kündigungen. Die Corona-Krise zieht weiter eine grausige Spur durch die Betriebslandschaft. Damit sind Sie als Betriebsrat besonders gefragt. Denn weiter heißt der eiserne Grundsatz:
Keine Kündigung ohne Betriebsratsanhörung! Schließlich ist eine ohne Ihre (korrekte) Anhörung durchgeführte Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Wobei die Gerichte manchmal bemerkenswert weite Grenzen ziehen. So kam zuletzt das BAG zu dem Schluss, dass ein möglicher Sonderkündigungsschutz kein Pflichtbestandteil der Anhörung ist, ebenso die Kündigungserklärungsfrist (Urteil vom 7.5.2020, Az: 2 AZR 678/19). Aber für eine ganz bestimmte Kündigung gilt das nicht!
- Welche das ist, und was Sie von Ihrem Arbeitgeber fordern können, entdecken Sie in der neuen Ausgabe des Betriebsrats-Informationsdienstes „Betriebsrat vertraulich“. Sie erhalten diese Ausgabe inklusive aller Tipps zum Kündigungs-Urteil gratis. Sie brauchen nur hier zu klicken!
Mit besten Grüßen

Andrea Einziger
Redaktionsleitung