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Ausgabe KW 19/2024
8. Jahrgang

Alles zum Thema Personalakte – und wie Sie als Betriebsrat mitbestimmen


Raus. Raus. Raus! Wenn Ihr Arbeitgeber in die Personalakte eine Abmahnung aufnimmt, die zu unbestimmt ist (z.B., weil sie die Namen angeblicher Zeugen für eine abgemahnte Pflichtverletzung nicht benennt), kann er sie gleich wieder rausnehmen. Sie gehört nicht dort hinein (Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf, Urteil vom 12.1.2024, Az: 7 Ca 1347/23).

Der Fall zeigt: Über das, was Ihr Arbeitgeber in die Personalakte eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin aufnimmt, kann durchaus gestritten werden. Was nicht zuletzt auch daran liegt, dass sich um das Thema Personalakte zahlreiche Märchen und Mythen ranken – bis hin zum Thema Mitbestimmung. Höchste Zeit, damit aufzuräumen! Und genau das tue ich für Sie:

In der neuen Ausgabe des Betriebsrats-Wissensdienstes „@Betriebsrat“. Sie erhalten die Ausgabe mit dem wichtigen Beitrag zum Thema Personalakte zum Kennenlernen gratis. Es geht ganz einfach: Sie brauchen nur hier zu klicken!

Verdachtskündigung gegen einen Auszubildenden: Geht das überhaupt?

Liebe Betriebsrätin,
lieber Betriebsrat, 

nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) können Sie als Betriebsrat Ihrem Arbeitgeber bei groben Verstößen gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG gerichtlich ein Verbot dieser Handlungen auferlegen lassen.

Doch das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen konkretisiert (Beschluss vom 5.12.2023, Az: 5 TaBV 8/22):

Ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen seine sich aus dem BetrVG ergebenden Pflichten liegt für das Gericht (erst) dann vor, wenn es sich um eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung handelt. Dafür aber muss der zugrundeliegende Sachverhalt eindeutig sein.

Im entschiedenen Fall arbeiteten im Unternehmen, hier vor allem in der Produktion, Mitarbeiter in verschiedenen Teams. Der Arbeitgeber setzte vier Arbeitnehmer in den Teams um. Der Betriebsrat wollte beteiligt werden. Weil der Arbeitgeber meinte, dass er den Betriebsrat nicht zu beteiligen hatte, wollte dieser die Maßnahme im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gegen den Arbeitgeber stoppen lassen. Ohne Erfolg

Die Auffassung des Arbeitgebers, dass der Wechsel von einem in das andere Team in der Fertigung bzw. Vorfertigung keine Versetzung darstellt, hält das Gericht für vertretbar. Jedenfalls handelt es sich um eine rechtlich nicht auf die Schnelle klärbare Frage. Das sei Sache der normalen Hauptverhandlung.

Meine Empfehlung
Im Fall der Fälle trotzdem klagen. Sonst meint Ihr Arbeitgeber am Ende noch, dass er bei vermeintlichen oder tatsächlichen Verstößen gegen das BetrVG freie Hand hat. Und die hat er nun einmal nicht!

Zum Tipp der Woche:

Verdachtskündigung gegen einen Auszubildenden: Geht das überhaupt?


Eine wichtige Frage hat mir eine Leserin aus dem Isartal geschickt. Sie schreibt:

„Einer unserer Auszubildenden hatte Kassendienst. Seitdem fehlen 500 Euro. Alles spricht dafür, dass der Azubi sich tatsächlich bedient hat. Er selbst schweigt zu den Vorwürfen. Nun will unser Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen. Geht das bei Azubis überhaupt?“


Die Lösung: Doch, es geht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits 2015 entschieden: Auch ein Ausbildungsverhältnis, das sich nicht mehr in der Probezeit befindet, kann durch eine Verdachtskündigung beendet werden (Urteil vom 12.2.2015, Az: 6 AZR 845/13).

Meine Empfehlung
Eine Verdachtskündigung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn wirklich alle Indizien so stark wiegen, dass es kaum noch einen ernsthaften Zweifel an der Verfehlung des Arbeitnehmers gibt. Die Prüfung, die Sie im Rahmen der Kündigungsanhörung ebenfalls vornehmen sollten, erfolgt in fünf Schritten:

1. Schritt: Prüfen der dringendsten Verdachtsmomente
Ihr Arbeitgeber muss Ihnen Fakten vorlegen können. Das heißt, es muss ein dringender Verdacht einer schweren Verfehlung gerade gegenüber einem bestimmten
Mitarbeiter durch Tatsachen objektiv begründet sein. Lediglich vage, nicht überprüfte Informationen – etwa vom „Hörensagen“ oder durch anonymen Hinweis – genügen nicht, um eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen. Was Ihr Arbeitgeber besitzen muss, sind also harte und belegbare Fakten.

2. Schritt: Anhörung der oder des Betroffenen
Vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, den Verdacht mit allen möglichen und zumutbaren Mitteln aufzuklären. Dazu gehört in einem zweiten Schritt insbesondere, dass er die oder den Betroffenen vor Ausspruch der Kündigung zum vorgeworfenen Sachverhalt anhören und ihm Gelegenheit geben, die Verdachtsmomente auszuräumen. Achtung: Um was es in diesem Personalgespräch geht, braucht Ihr Arbeitgeber nach dem neuen BAG-Urteil nicht zwingend vorher anzukündigen. Und: Ob Ihr Arbeitgeber die Anhörung mündlich oder schriftlich durchführt, bleibt ihm überlassen.

3. Schritt: Prüfen, ob ein Kündigungsgrund vorliegt
In dem praktisch häufigsten Fall der außerordentlichen Verdachtskündigung erfolgt die Prüfung des § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (= wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung) in zwei Stufen:
  • Auf der ersten Stufe bedarf es allein eines wichtigen Grundes.
  • Auf der zweiten Stufe erfolgt dann die Interessenabwägung im Einzelfall.
4. Schritt: Interessenabwägung
Eine Interessenabwägung gehört zu jeder Kündigung. In diesem vierten und letzten Schritt vor Ausspruch der Verdachtskündigung muss Ihr Arbeitgeber eine Abwägung durchführen, in deren Ergebnis
  • sein Interesse als Arbeitgeber an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • das Interesse des Mitarbeiters an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eindeutig überwiegt.
Berücksichtigen Sie hierbei folgende Fragen:
  • Ist der Mitarbeiter schon seit vielen Jahren bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt?
  • Hat sich der Arbeitnehmer in dieser Zeit nie etwas zu Schulden kommen lassen und damit ein hohes Maß an Vertrauen erworben?
  • Ist der aktuelle Vorfall das erste Vergehen beziehungsweise der erste konkrete Tatverdacht?
  • Bezieht sich die erwiesene oder vermutete Straftat nicht nur beispielsweise auf geringwertige Ware (= Bagatelldelikt)?
Falls Sie die vorstehenden Fragen alle bejahen, ist die Abmahnung das Mittel der Wahl – und nicht die Kündigung!

Fazit
Prüfen Sie im geschilderten Fall noch einmal, ob Ihr Arbeitgeber diese vier Schritte unternommen hat und ob er wirklich keine milderen Mittel möglich sind. Nur dann stimmen Sie der Kündigung zu.

So rücken Sie sich als Betriebsrat mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit immer ins richtige Licht

Klappern gehört zum Handwerk. Das gilt auch für Sie als Betriebsrat: Denn vieles, was Sie leisten, wird heute als selbstverständlich angesehen. Hier helfen nur klare Erläuterungen und ruhig auch mal eine deutliche Darstellung, was nötig, um bestimmte Erfolge oder Fortschritte zu erzielen. 

Doch auch wenn Verhandlungen stocken und Gerüchte brodeln, wäre es der falsche Schritt, den Kopf in den Sand zu stecken. Was heute gefordert wird ist Öffentlichkeit. Wobei es hier für Sie als Betriebsrat einige Besonderheiten gibt. Mein Tipp:
 
In der neuen Ausgabe des Betriebsrats-Wissensdienstes „@Betriebsrat“ habe ich für Sie die wichtigsten Praxistipps für erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit als Betriebsrat zusammengestellt. Und weil das Thema so wichtig ist, erhalten Sie diese Ausgabe zum Kennenlernen gratis. Es geht ganz einfach: Sie brauchen nur hier zu klicken!

Ihre
Andrea Einziger
Redaktionsleitung