Liebe Betriebsrätin,
lieber Betriebsrat,
kann eine Corona-Infektion ein Arbeitsunfall sein? Diese Frage wurde bislang an den unteren Sozialgerichten kontrovers behandelt. Nun hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden: Ja, eine solche Infektion kann ein Arbeitsunfall sein (am 8.5.2024 veröffentlichtes Urteil vom 29.4.2024, Az: L 1 U 2085/23).
Im entschieden Fall erkrankte ein Arbeitnehmer an Corona. Es kam insbesondere ein Kollege als „Indexperson“ in Betracht, also als Person, von der die Infektion möglicherweise herrührt. Dieser Kollege war im fraglichen Infektionszeitraum positiv getestet worden.
Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Eine Infektion während einer versicherten betrieblichen Verrichtung sei nicht nachgewiesen.
Der Arbeitnehmer, der unter erheblichen Spätfolgen leidet, erhob Klage. Dabei machte er unter anderem geltend, dass dieser Kollegen schon vor dem positiven Test „herumgeschnupft“ habe. Das gab der Arbeitnehmer als Zeuge auch zu. Er gab an, bei ihm seien die ersten Symptome bereits früher, nämlich am Freitag, dem 5.3., aufgetreten. Es stellte sich auch heraus, dass er am 5.3. nicht im Betrieb gewesen war.
Allerdings war bereits die Ehefrau des Kollegen schon am 3.3.2021 positiv getestet worden. Die Infektionskette sei also dort in Gang gekommen.
Wie hat das Gericht entschieden?
Gegen den Betroffenen. Die Ansteckungsgefahr bei der damaligen weltweiten Pandemie sei per se in allen Bereichen des Lebens massiv erhöht gewesen. Man hätte sich überall anstecken können. Dass der andere Kollege bereits Tage vorher „rumgeschnupft“ hatte, reicht als Beweis nicht aus. Zu unspezifisch, so das Gericht.
FazitEs bleibt dabei: Eine Corona-Infektion lässt sich nur selten als Berufsunfall anerkennen, der dann entsprechende Leistungen der Berufsgenossenschaft auslösen würde. Das Gericht sagt klar: Die Betroffenen selbst müssen für Beweise sorgen, die dann vor Gericht geprüft werden können. Wenn Betroffene sich an Sie wenden: Überlegen Sie gemeinsam, ob und welche Beweise sich beschaffen lassen. Im entschiedenen Fall hatten Kollege und Arbeitgeber bereitwillig Auskunft gegeben. Trotzdem war das für das Gericht noch nicht genug. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Infektion und Infektionsort (Arbeitsplatz) muss eindeutig sein.
Damit ist es aber auch schon höchste Zeit für den
Tipp der Woche.