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Ausgabe KW 05/2025

Was ist noch erlaubte Schmähkritik von Betriebsratsmitgliedern – und wo ist die Grenze zum Erlaubten überschritten?


Diese Frage hat jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin mit Urteil vom 5.12.2024 (Az. 58 Ca 4568/24) klar entschieden. 

Das Urteil habe ich zum Anlass genommen, um in der neuen Ausgabe des Betriebsrats-Rechtsdienstes „Rechtswissen Betriebsrat“ genau die schmale Grenze zwischen erlaubter und unerlaubter Kritik zu zeigen. Mit vielen Beispielen aus der Praxis.

Mein Tipp
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Liebe Betriebsrätin,
lieber Betriebsrat,

bei Thyssen-Krupp wurde wegen „heftiger interner Differenzen“ die Betriebsratsvorsitzende abgewählt.  Ein sehr ungewöhnlicher Vorgang. Und in der Praxis gar nicht so einfach. Zum Glück:

Doch so wie das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vorsieht, dass der Betriebsrat aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter wählt (§ 26 Abs. 1 BetrVG) kann der Betriebsrat den Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter durch Mehrheitsbeschluss wieder abberufen. So geht das:
  1. Einberufung einer Betriebsratssitzung: Die Abwahl muss auf die zuvor bekannt gegebene Tagesordnung der Betriebsratssitzung gesetzt werden. 

    Es ist jedoch möglich, dass der amtierende Betriebsratsvorsitzende seine eigene Abberufung nicht auf die Tagesordnung setzt. In solchen Fällen kann die Initiative von anderen Betriebsratsmitgliedern ergriffen werden.

  2. Beschlussfassung: Für die Abwahl ist ein Beschluss des Betriebsrats erforderlich. Es genügt die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

    Der Betriebsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist (§ 33 Abs. 2 BetrVG).

  3. Neuwahl: Nach der Abwahl sollte unverzüglich ein neuer Vorsitzender gewählt werden, um die Handlungsfähigkeit des Betriebsrats sicherzustellen.

Welche Gründe können eine Abberufung rechtfertigen?

  • Eigenmächtiges Handeln: Wenn die oder der Vorsitzende wiederholt ohne Beschluss des Gremiums Entscheidungen trifft, kann dies das Vertrauen der Mitglieder erschüttern
  • Kommunikationsprobleme: Schwierigkeiten in der Kommunikation oder mangelnde Führungskompetenz, die dazu führen, dass der Betriebsrat nahezu lahmgelegt ist.
  • Interessenkonflikte: Wenn der Vorsitzende in Verdacht gerät, nicht im Interesse der Belegschaft zu handeln.
Beispiel
In einem mittelständischen Unternehmen kam es zu internen Differenzen, da der Betriebsratsvorsitzende mehrfach eigenmächtig Entscheidungen traf, ohne das Gremium zu konsultieren. Die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder entschied daraufhin, ihn abzuwählen und einen neuen Vorsitzenden zu wählen, um die vertrauensvolle Zusammenarbeit wiederherzustellen.

Das Beste aber ist: Sie lassen es niemals so weit kommen.

Überraschendes Urteil zur Diskriminierung von Frauen


Ein Arbeitgeber teilte einer Kundin eine Mitarbeiterin als Ansprechpartnerin zu. Die Kunden verlangte aber einen männlichen Ansprechpartner. Der Arbeitgeber kam diesem Wunsch nach – und bekam von der ausgebooteten Arbeitnehmerin eine Klage wegen Diskriminierung. Mehr noch: Die Klage hatte Erfolg (Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart, Urteil vom 20.11.2024, Az. 10 Sa 13/24).

Klartext vom Gericht
  1. Wünscht eine potenzielle Kundin ausdrücklich die Betreuung durch einen männlichen Berater statt einer weiblichen Mitarbeiterin, ist der Arbeitgeber verpflichtet, gemäß § 12 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Schutzmaßnahmen zu ergreifen – und zwar für die Arbeitnehmerin!
  2. Unterlässt der Arbeitgeber diese Schutzmaßnahmen und entzieht der Mitarbeiterin die Kundin, kann dies eine unmittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 AGG darstellen und einen Entschädigungsanspruch begründen
Das heißt vor allem: Der Arbeitgeber sollte dem Kundenwunsch nicht nachkommen, wenn dieser auf diskriminierenden Gründen basiert (z. B. Geschlecht, Herkunft, Religion). Das bedeutet: 

Die zugewiesene Ansprechpartnerin bleibt für die Kundin zuständig. Der Arbeitgeber kann dem Kunden erklären, dass das Unternehmen keinen Unterschied aufgrund des Geschlechts macht und dass die Mitarbeiterin kompetent für die Aufgabe ist. 

Die Auswirkungen in der Praxis
Dieses Urteil unterstreicht die Verantwortung des Arbeitgebers, Mitarbeiter vor Diskriminierung durch Dritte zu schützen.

Als Betriebsrat sollten Sie darauf achten, dass bei derartigen Vorfällen der Arbeitgeber seiner Schutzpflicht nachkommt und geeignete Maßnahmen ergreift, um Benachteiligungen zu verhindern. Dazu gehört auch, dass Wünsche von Kunden, die zu einer Diskriminierung führen könnten, nicht ohne weiteres umgesetzt werden.

Ein Beispiel aus der Praxis
Ein IT-Unternehmen entschied sich, den diskriminierenden Wunsch eines Großkunden nach männlichen Ansprechpartnern offen abzulehnen. Stattdessen schrieb die Geschäftsführung dem Kunden: „Wir wählen unsere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner ausschließlich nach ihrer fachlichen Kompetenz aus, nicht nach Geschlecht.“ Der Kunde akzeptierte nach einem klärenden Gespräch die Betreuung durch die zugewiesene Mitarbeiterin.

Mein Tipp
Drängen Sie auf eine Betriebsvereinbarung, die den Schutz vor Diskriminierung konkret regelt, zum Beispiel:
  • Verfahren zur Meldung von Diskriminierung.
  • Verpflichtung des Arbeitgebers, klare Anweisungen an Mitarbeitende zu geben, wie sie diskriminierende Kundenanfragen ablehnen können.
Ihre
Andrea Einziger
Redaktionsleitung

Betriebsratsschulung: Ein Betriebsratsmitglied darf auch ohne Arbeitgeber-Zustimmung hin


Ein Betriebsrat hatte ordnungsgemäß beschlossen, eines seiner Mitglieder zu einer seiner Meinung nach erforderlichen Schulung zu schicken. Der Arbeitgeber hielt die Schulung nicht für erforderlich. Der Betriebsrat wollte die Teilnahme nun im Eilverfahren erzwingen. Sein Antrag wurde vor Gericht abgelehnt. Die Begründung lässt aufhorchen – und gibt Ihnen viele Möglichkeiten, wenn es einmal zu Problemen mit Ihrem Arbeitgeber kommt.

Mein Tipp
Alles zu diesem Urteil und Ihren neuen Handlungsmöglichkeiten entdecken Sie in der neuen Ausgabe des Betriebsrats-Rechtsdienstes „Rechtswissen Betriebsrat“. Sie erhalten diese Ausgabe gratis. Sie brauchen nur hier zu klicken!